Freiheit braucht eine Position der Stärke
CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte MdB spricht auf Kreisparteitag des CDU-Kreisverbandes Lüneburg über die Zukunft der Bundeswehr und die Folgen des Ukraine-Krieges
Embsen. Seit dem Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine am 24. Februar im vergangenen Jahr haben die Themen Sicherheit und Verteidigung in der öffentlichen Diskussion wieder an Bedeutung gewonnen. Der Begriff der „Zeitenwende“ ist seither in aller Munde und wird in der politischen Diskussion immer wieder verwendet.
Über die aktuelle Situation der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine diskutierten die Mitglieder des CDU-Kreisverbandes Lüneburg nun auf einen außerordentlichen Kreisparteitag in Embsen mit den stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestages und CDU-Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Celle-Uelzen Henning Otte.
Zu Beginn seines Einleitungsvortrages hobt Henning Otte heraus, dass Nord-Ost Niedersachsen und damit auch der Landkreis Lüneburg ein bedeutender Bundeswehrstandort ist. Das in Lüneburg stationierte Aufklärungslehrbataillon 3 ist an vielen Auslandeinsätzen der Bundeswehr beteiligt und auf dem Truppenübungsplatz in Munster, der sich auch auf Teilen des Landkreises Lüneburg gelegen ist, wurden in den vergangenen Monaten immer wieder ukrainische Soldaten ausgebildet.
Mit Blick auf die Entwicklung der Bundeswehr in den vergangenen Jahren spannte Henning Otte einen Bogen vom Mauerfall am 9. November 1989 über die Anschläge auf die USA am 11. September 2001 bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine im vergangenen Jahr und machte anhand der vorgenannten Daten die Entwicklung, die die Bundeswehr seither durchlaufen hat deutlich. Nach dem Zerfall der Sowjetunion nahm die Bedeutung der Landesverteidigung in der politischen Wahrnehmung deutlich ab. Die Bundeswehr wurde zu einer Armee für Friedenseinsätze im Rahmen von UN- und Nato- Mandaten umgebaut. In Folge der Anschläge am 11. September 2001 wurde erstmals und bis zum heutigen Tagen zum einzigen Mal der Nato-Bündnisfall ausgerufen, bei dem auch die Bundeswehr ihren Beitrag leistete.
Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine ist die Aufgabe der Landesverteidigung wieder stärker in den politischen Fokus gerückt. Otte betonte, dass Deutschland insbesondere die Sicherheitsinteressen der östlichen Nato-Partner wie die baltischen Staaten oder Polen ernst nehmen müsse und sicherstellen müsse, dass die Bundeswehr ihre Aufgabeninnerhalb der Nato erfüllen können.
Im Zusammenhang mit der vom Bundeskanzler am 27. Februar 2022 im Bundestag verkündeten Zeitwende erklärte Henning Otte, dass die Union im Bundestag die Schaffung eines sog. „Sondervermögens“ für die Bundeswehr ausdrücklich gefordert und diesem zugestimmt habe. Umso mehr sei man enttäuscht, dass auch ein Jahr nach dem Beschluss zusätzliche Finanzmittel für die Ausstattung der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen noch so gut wie kein Geld für neue Rüstungsgüter abgeflossen sei. Otte kritisierte dabei insbesondere, dass die Bundeswehr bislang keine Rahmenverträge für den Kauf von Munition abgeschlossen habe, wo der Mangel an Munition doch seit einiger Zeit bekannt sei.
Unverständnis äußerte Henning Otte auch darüber, dass die Ampel-Koalition seit Beginn des Krieges in der Ukraine keine Erhöhung im Finanzplan im Verteidigungshaushalt vorgenommen habe. Er räumte ein, dass es auch zu den Zeiten als die Union die Bundesregierung stellte Versäumnisse gegeben habe, verwies aber darauf, dass unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel in der letzten Legislaturperiode die Ausgaben im Verteidigungshaushalt um 30 % gestiegen sein. „Mehr war mit dem damaligen Bundesfinanzminister Olaf Scholz nicht zu machen. Insbesondere die Anschaffung von Drohnen, die unsere Soldaten z.B. in Mali heute dringend benötigen, wurden von der SPD verhindert“, erklärte Otte vor 50 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern.
Aus Sicht von Henning Otte ist es in der aktuellen Situation dringend geboten, die angedachten Rüstungsprojekte nun möglichst schnell umzusetzen: „Durch die Abgabe von militärischem Gerät an die Ukraine bzw. an Nato-Partner im Rahmen des sog. Ringtauschs ist der Ausstattungszustand der Bundeswehr heute noch schlechter als vor Beginn des Krieges. Mit der bisherigen Verteidigungsministerin haben wir ein Jahr verloren. Es wird Zeit, dass der neue Bundesverteidigungsminister die seit Jahren bekannten Rüstungsvorhaben nun schnellstmöglich umsetzt. Unsere Soldatinnen und Soldaten, die im Einsatz ihr Leben für unser Land einsetzen, haben es verdient die bestmögliche Ausstattung zu bekommen“, so Otte. In Bezug auf den Krieg in der Ukraine forderte Otte die Bundesregierung auf endlich eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen. Dies gelte auch für die Aufstellung einer leistungsfähigen Armee „Das Verhalten Russlands und anderer nicht demokratischer Staaten zeigt, dass nur der in der Diplomatie stark sein kann, der auch militärisch stark ist. Um die Freiheit zu verteidigen, braucht es eine Position der Stärke.“, so Otte abschließend.